»Euregio Egrensis« – Zukunftslandschaft 2010

Hirschberg und Kraslice
Die Wappen der Städte Hirschberg/Saale und Kraslice/Tschechische Republik
Quelle: Medienarchiv Wikimedia Commons

Zeitraum: 26.07. – 30.07.2010 und 16.09. – 18.09.2010
Ort: Hirschberg/Saale – Kraslice/Tschechische Republik

Begonnen haben wir die Veranstaltungsreihe "Zukunftslandschaft" mit einer Region, die über viele Jahrhunderte gemeinsamer Wirtschafts- und Handelsraum an der deutsch-tschechischen Grenze gewesen ist: die heutige »Euregio Egrensis«, eine der vielen Regionen in Europa mit einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Einbeziehen wollten wir hier vor allem auch diejenigen Bewohner der Region, die die Zukunft in einem direkten Sinn verkörpern: deutsche und tschechische Jugendliche, die in einem vorbereitenden Workcamp ihre Visionen und Vorschläge für die Gestaltung ihrer »Zukunftslandschaft« erarbeiten sollten. Das eigentliche Workcamp fand vom 26. – 30. Juli 2010 in Hirschberg/Saale statt. Die Ergebnisse des Workcamps wurden am 18. September 2010 von den Schülern in einer Abschlusspräsentation vorgestellt. 

Gefördert wurde dieses Projekt von der EUREGIO EGRENSIS Arbeitsgemeinschaft Sachsen/Thüringen als Ziel 3 - Kleinprojekt aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und der Sparkasse Saale-Orla.

Lesen Sie hier mehr dazu im Projekttagebuch:

Das Workcamp

Montag, 26.07.2010

Am Auftakttag des deutsch-tschechischen Workcamps reisten am Mittag die deutschen Teilnehmer in Hirschberg/Saale an, einer kleinen Stadt direkt am ehemaligen Grenzfluss Saale. Bekannt war Hirschberg durch die größte Sohlenlederfabrik Deutschlands, die bis 1992 das Wirtschaftsprofil der Stadt bestimmte.

Die tschechischen Teilnehmer sagten leider kurzfristig mit der Begründung einer fehlenden Erlaubnis der Eltern ab. Dies ist umso bedauerlicher, da alle Details gründlich besprochen und die Teilnahme fest zugesichert war.

Um 12:00 Uhr eröffnete der leitende Betreuer, Herr Hans-Joachim Petzold, im Namen des Heimatbundes Thüringen als Veranstalter das Schülerworkcamp unter Bekanntgabe der angestrebten Ziele.

Jeder der Teilnehmer stellte sich kurz vor und nannte Wünsche und Ideen für das anstehende Camp. Neben einer interessanten Medienkunde und dem Wunsch, eine spannende Freizeitgestaltung zu erleben, freuten sich die Schüler im Alter von 13 bis 16 Jahren, die u. a. aus Gera, Venzka und Wurzbach kamen, auch sehr auf das Zusammentreffen mit den tschechischen Schülern.

Aufgrund des Nichterscheinens der tschechischen Schüler erfolgte eine Planänderung mit dem Ergebnis, die tschechische Seite vor Ort zu besuchen, um dort gemeinsam Interviews zu führen und sich auszutauschen.

Das stärkende Mittagessen wurde um 13:00 Uhr eingenommen und anschließend begaben sich alle in den »Hag«. Dieser ist Bestandteil des »Grünen Bandes«. Hierunter versteht man ein umfassendes Naturschutzprojekt entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Dabei geht es um die Erhaltung der Arten- und Lebensraumvielfalt. Während des Bestehens der innerdeutschen Grenze konnten sich hier vom Aussterben bedrohten Tierarten erhalten, weil sie ungestört waren.

Am Nachmittag wurden hier erste Pflegemaßnahmen durchgeführt. Das Wetter war gut – nicht zu warm – nicht zu kalt. Jeder packte fleißig mit an und war mit Spaß bei der Sache. Herr Möller von der Naturparkverwaltung gab die fachliche Anleitung und hatte die notwendigen Geräte mitgebracht.

Am Abend fand eine erste Unterweisung in die Medientechnik und Interviewführung durch die Firma »Q3« Medientechnik Bayreuth statt.

 

Dienstag, 27.07.2010

Der Dienstag Vormittag stand ganz unter dem Motto »Interviews mit Bewohnern von Hirschberg«. Hier wurde erforscht, wie die Einwohner der ehemaligen Grenzstadt die Geschichte erlebt haben und wie sie sich ihre Zukunft in der »Euregio Egrensis« vorstellen. Ein aufschlussreiches Interview wurde u. a. auch mit der Schlossherrin Frau Rosewich geführt. Sie, selbst aus dem westlichen Deutschland stammend, entschied sich zusammen mit ihrem Mann, in den Osten zu gehen und dort zu leben.

Um 14:00 eröffnete Frau Dr. von Trützschler vom Thüringer Landtag (Euregio-Egrensis-Preisträgerin), die Informationsstunde rund um die Geschichte der Euregio Egrensis. Sie gab Auskunft zur Geschichte und Gegenwart und stand den Schülern Rede und Antwort.

Gut gewappnet mit dem neu erlangten Wissen über die Region begaben sich die Schüler am Nachmittag an die Aufarbeitung ihrer Interview-Ergebnisse. Diese sollten nun in Form eines sendefähigen Beitrages gefasst werden.

Mittwoch, 28.07.2010

Dieser Tag lief ganz unter dem Motto »Exkursion in das benachbarte Tschechien«. Endlich stand das Zusammentreffen mit tschechischen Schülern an. Gespannt war man schon, wie die Verständigung erfolgen sollte. Aufgrund der hervorragenden Dolmetschung stellte dies jedoch kein Problem dar.

Es war ein etwas verregneter Tag, der jedoch viele positive Begegnungen bringen sollte. Ausflugsziel war die Stadt Kraslice. In der Übersetzung bedeutet der Name der Stadt soviel wie »kleiner Nadelwald«.

Dies war wohl die ältere Bezeichnung des Hausberges (715 m), der seinen Namen von dem auf ihm erbauten »Haus« – dem ehemaligen Schloss - erhielt. 524 m über Meereshöhe liegt Kraslice im Tal der Svatava zwischen dem Erzgebirge im Nordosten und dem Elstergebirge im Südwesten. Unmittelbare Nachbarstadt, 5 km flussaufwärts im Tal der Zwota (deutscher Name der Svatava), ist Klingenthal – ebenfalls bekannt durch den Musikinstrumentenbau.

Erster Höhepunkt war der Besuch des Rathauses in Kraslice. Ein netter Empfang mit Süßigkeiten und tollen tschechischen Getränken stand am Anfang, gefolgt durch ein sehr gut geführtes Interview.

Bestens ausgerüstet und vorbereitet, stellten die Schüler interessante Fragen an den stellvertretenden Bürgermeister, Herrn Lubomir Zach. Erfreut über soviel Interesse, gab er sehr ausführliche Antworten zu allen Fragen rund um die Stadt Kraslice und ihre Bewohner. Berühmtheiten wie Karel Hajek - der ehemalige Dirigent des Amati Orchesters, Julius Meinl – Begründer einer Lebensmittelkette oder Karel Vlach – seines Zeichens Jazzmusiker und Orchesterbegründer, führten zum Erstaunen der Schüler. Interessant war auch die Geschichte über Amati-Denak, ein tschechischer Hersteller für Blech- und Holzblasinstrumente, dessen Instrumentenproduktion zu den drei größten Betrieben ihrer Art in Europa zählt. Der Export der Instrumente erfolgt in etwa 50 Länder.

Auch zum Schwerpunkt des Interviews hinsichtlich der demografischen Entwicklung in Kraslice, gab Herr Zach weiterführende Informationen. Hierbei wurde deutlich, dass die Wirtschaft als Grundlage für die Ortsansässigkeit der Jugendlichen eine sehr große Rolle spielt. Abschluss des Gesprächs bildete die Thematik der Beziehung zu Klingenthal und die Wünsche für eine gute und gemeinsame Zukunft in der Euregio Egrensis. Was macht ein Leben in dieser Region wertvoll und was sollte verbessert werden?

Nunmehr folgte ein Besuch im Ferienlager Bublava. Ein freudiger Empfang der tschechischen Schüler sorgte gleich für gute Stimmung. Heidelbeerkuchen mit selbst gesuchten Beeren und super Palatschinken brachten für alle eine gute Stärkung. Gegenseitige Interviews über Schule, Freizeitaktivitäten, das Leben hier und dort sowie die individuellen Zukunftspläne brachten hilfreiche Informationen, was der »Nachbar« so denkt. Nun konnte man sich endlich besser kennen lernen, wenn auch nicht wie ursprünglich geplant, so aber doch sehr herzlich. Anschließend folgte eine Führung durch die Räumlichkeiten. Höhepunkt war das »Stimmungszimmer«, ein schöner gemütlicher Raum mit ganz vielen esoterischen Kleinigkeiten. Neugierig geworden, was man alles damit machen kann, probierten die Besucher selbst die Wirkung verschiedener Gerätschaften aus. Und tatsächlich, man konnte Energie erfühlen...

Der Tag näherte sich dem Ende und die Rückfahrt ließ sich nicht weiter hinausschieben, so dass gegen 21:00 die Heimkehr im Objekt erfolgte.

Donnerstag, 29.07.2010

Der Vormittag stand ganz unter der Aufbereitung der neu gesammelten Informationen in Videoform zu einem sendefertigen Beitrag. Viel Spaß bereitete diese Arbeit allen Teilnehmern. Sie waren sehr gut in ihrer Ausführung und wissbegierig hinsichtlich der Details.

Am Nachmittag wiederum standen Pflegearbeiten im »Hag« am Grünen Band an. Das Wetter spielte mit und so konnten auch hier sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Der Naturschutz dieser besonderen Region wurde den Schülern deutlich und sie waren mit großer Freude bei der Sache.

 

Freitag, 30.07.2010

Der letzte Tag des Workcamps stand nun an. Am Vormittag erfolgte eine Zusammenfassung und Auswertung des Camps. Jeder konnte sich ausführlich dazu äußern. Im Ergebnis kann berichtet werden, dass alle Erwartungen erfüllt wurden, nur leider war die Zeit zu kurz, man hatte noch viele Ideen und Vorstellungen, die auf ein späteres Mal verschoben werden mussten. Das letzte gemeinsame Mittagessen wurde in munterer Runde durchgeführt und um 14:00 Uhr erfolgte die Heimreise.

Fazit:

Es bleibt für jeden Teilnehmer die Erinnerung an eine spannende, aber lehrreiche Woche.

Das Gebiet Medientechnik fand viele neue Interessenten und auch das »Grüne Band« in Hirschberg erfuhr eine gute und nützliche Aufwertung im Sinne des Naturschutzes. Dadurch rückte die Bedeutung der Region auch stärker ins Bewußtsein der Schüler und Beteiligten.

Und was die tschechische Teilnahme betrifft, so wünschen sich alle mehr Entgegenkommen und Offenheit. Leider ist es in Tschechien nicht so einfach wie in Deutschland. Viele Eltern stehen den grenzübergreifenden Begegnungen noch skeptisch gegenüber, sodass sie selten die Genehmigung geben, ins benachbarte Deutschland zu reisen. Des weiteren sind auch bürokratische Hindernisse vorhanden, weshalb ein langer Behördenweg zur Genehmigungserteilung nicht immer ausgeschlossen ist. Selbst optimistische Politiker erreichen da nur wenig und letzten Endes bleibt den Menschen beider Länder die Begegnung verwehrt.

Also gilt es, die Mauern in den Köpfen der Jeweiligen einzurennen, um dadurch ein Zusammenwachsen zu ermöglichen – ein wichtiger Punkt, der für eine gemeinsame Zukunft im Gebiet der Euregio Egrensis erreicht werden sollte.

Workcamp – Teil II und die Präsentation

Donnerstag, 16.09.2010

Gegen 17:00 reisten die deutschen Teilnehmer in Hirschberg an. Leider kamen wieder keine tschechischen Schüler, obwohl diesmal alles gut aussah und erneut verbindlich zugesichert war. Die Absage erfolgte kurzfristig einen Tag zuvor mit den bereits genannten Argumenten – schade!

Nach einer freudigen Begrüßung untereinander, sich endlich wieder zu sehen, gab es Abendbrot. Mit Bedauern wurde hier der Fakt diskutiert, dass internationale Begegnungen so schwer zu verwirklichen sind. Eine sichtliche Enttäuschung der Schüler über das wiederholte Nichterscheinen blieb bestehen. Anschließend erfolgte der Bezug des Quartiers.

Kleine geografische und kulturhistorische Beiträge dienten den Teilnehmern zur Vorbereitung auf einen späteren Wissenstest. Der Dolmetscher ersetzte so gut es ging die tschechischen Teilnehmer und brachte auf seine Weise den Schülern die Tschechische Republik in Fakten näher.

So erlernten die Schüler kleine wissenswerte Begriffe und Grundzüge der tschechischen Sprache. Mit viel Fleiß und Sorgfalt bemühten sich alle, etwas tschechisch zu lernen. Nun folgte der Wissenstest – was hatte man sich gemerkt, was kannte man schon selbst, vielleicht auch durch die Schule oder eigene Exkursionen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Alle hatten gut aufgepasst und nicht nur prima tschechisch gelernt. Zwischen dem Besten und dem Punktletzten lagen nur 4 Punkte Unterschied. Die Preisvergabe krönte den Abend.

 

Freitag, 17.09.2010

Nach dem gemeinsamen Frühstück standen wiederum Pflegearbeiten im »Hag« am Grünen Band an. Mit viel Engagement waren die Teilnehmer wieder dabei, auch das Wetter passte. Anschließend wurde zu Mittag gegessen und der weitere Tagesablauf besprochen.

13:00 stand der Höhepunkt des Treffens an – das Pflanzen eines Baums. Eine Eberesche als symbolisches Zeichen der »Euregio Egrensis« sollte nun einen würdevollen Platz in Hirschberg finden. Als geeigneter Platz wurde eine Stelle ausgewählt, die sich nahe an der Saale befindet, unterhalb des Hirsches von Hirschberg liegt und einen Blick auf die ehemalige Grenze gewährt.

Unter fachmännischer Anleitung von Herrn Möller von der Naturparkverwaltung trug jeder seinen Anteil zum Baumsetzen bei.

Jeder Handgriff saß. Mit großer Freude und viel Spaß fand der Baum seine neue Heimstatt. Mit entsprechender Halterung und Befestigung wurde der Baum versehen, um ihm Halt und Hilfestellung für optimales Wachstum zu geben. Und, ganz wichtig zum Abschluss, wurde eine große Plakette befestigt, die an das Jugendworkcamp in Hirschberg erinnert, gefördert durch die AG Euregio Egrensis.

Alle waren ganz stolz, an diesem wichtigen Ereignis teilgehabt zu haben. Nachmittags erfolgte die Vorbereitung der Präsentation. Jeder bereitete sich gut vor und hatte schon ein klein wenig Lampenfieber. Aber dies sollte kein Problem darstellen. Dann gab es das Abendessen und schnell war die Aufregung vergessen.

Der Abschluss des Abends war durch ein tolles Lagerfeuer vorgesehen. Leider fing es kurz an zu nieseln, sodass man etwas traurig wurde. Aber eine Stunde später ließ der Regen nach und die gute Stimmung kehrte zurück und das Lagerfeuer konnte unter großem Gejubel angezündet werden. Mit selbst gebratenen Würstchen und ein paar Snacks klang der Abend aus.

 

Sonnabend, 18.09.2010

Um 10:00 Uhr begann die Präsentation der Schüler im Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr in Hirschberg/Saale, auf der sie die Ergebnisse des Workcamps im Juli vorstellten. Neben zwei Audiobeiträgen wurden zwei Videobeiträge vorgeführt und in einer Bildershow der Ablauf des Workcamps von den Schülern kommentiert.

Als Dankeschön für das große Engagement bei Medienarbeit und Naturschutz sowie Aufgeschlossenheit und Sprachinteresse gegenüber dem tschechischen Nachbarland erhielt jeder der Schüler ein Zertifikat, einen Nachweis über die Teilnahme an der »kleinen tschechischen Sprachschule« und ein Erinnerungsgeschenk von der Naturparkverwaltung.

Den Abschluss bildete das gemeinsame Mittagessen um 12:30 Uhr. Ein klein wenig wehmütig verabschiedeten sich die Teilnehmer voneinander und von den Projekt- und Workcampleitern. Aber man versprach, sich wieder zu treffen und ein weiteres gemeinsames Workcamp zu besuchen.

 

Fazit:
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Workcamp auf sehr großes Interesse bei den Schülern stieß. Insbesondere das Erlernen der Medientechnik und auch die Arbeiten in der Natur machten allen großen Spaß. Vielleicht hätte ein bisschen mehr Freizeitspaß dazu gehört, aber alles in allem waren die Teilnehmer sehr zufrieden. Zur Präsentation ist anzuführen, dass die Schüler ausgezeichnete Beiträge vorstellten, die sehr gut aufbereitet waren.

Großer Dank gilt dem Initiator, dem Heimatbund Thüringen, dem Projektleiter Jens-Uwe Merx und den Förderern dieses Workcamps. Durch ihre Unterstützung war es möglich, wertvolle Naturschutzarbeit am „Grünen Band“ zu leisten sowie auch nachbarschaftliche Beziehungen mit der tschechischen Republik zu vertiefen.

 

Text und Flash-Film: Ines Huff

Beiträge der Workcamp-TeilnehmerInnen

Folgende Multimedia-Beträge sind von den Teilnehmern erstellt worden:

Audio-Betrag: »Das Grüne Band« ...

Audio-Betrag: »Zukunft« ...

MPEG-Film-Beitrag »Interview in Hirschberg«.
Der Film kann am besten im Windows-Media-Player abgespielt werden.

MPEG-Film-Beitrag » Interview in Kraslice«.
Der Film kann am besten im Windows-Media-Player abgespielt werden.

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