Zeichen von Krieg und Frieden in der Kulturlandschaft
Editorial von Pauline Lörzer und Pascal Mauf
Die vergangenen knapp 79 Jahre bilden die längste ununterbrochene Friedensperiode in der deutschen Geschichte. Zuvor war das Gebiet der heutigen Bundesrepublik und damit auch das des jetzigen Freistaats Thüringen immer wieder Ort militärischer Konflikte und Kriege. Der Zweite Weltkrieg setzt mit all seinen Verbrechen und Schrecken dabei einen (hoffentlich nicht nur vorläufigen) Schlusspunkt. Krieg und Frieden haben – so auch in Thüringen – sowohl viele deutliche als auch weniger sichtbare Spuren hinterlassen. Nicht nur auf den Schlachtfeldern, sondern auch in den Köpfen der Menschen und in unserem kulturellen Erbe sind Zeugnisse dieser Ereignisse bis heute erhalten.
Im vorliegenden Heft beleuchten vielfältige Beiträge exemplarisch, in welchen Zeichen und Zeugnissen Krieg und Frieden Spuren in der Kulturlandschaft Thüringens hinterlassen haben. Die Autorinnen und Autoren werfen dabei oft einen Blick auf Geschichte und Gegenwart zugleich, ohne die Zukunft aus den Augen zu verlieren. Steinerne Reste kriegerischer Auseinandersetzungen vergangener Jahrhunderte springen als unübersehbare Zeugnisse oft zuerst in den Blick. So erinnern die unzähligen Burgen und Burgruinen in Thüringen, aber auch Stadtmauern oder Wehrkirchen ganz augenscheinlich an Krieg und Frieden. Es sind aber auch Grenzsteine, Gefallenendenkmäler oder Soldatenfriedhöfe, die als stumme Zeugnisse unzählige Geschichten von Krieg, Konflikt, Versöhnung und Frieden erzählen.
Subtiler sind alte Straßenverläufe, Schutzhöhlen und Wüstungen, die – obwohl oft nicht auf den ersten Blick erkenntlich – durch ihre Existenz unsere wechselhafte Geschichte eindrücklich wiedergeben. Friedensbäume nehmen meist erst mit dem Wissen über ihre Geschichte die symbolische Rolle des Mahnmals für den Frieden in vielen Ortschaften ein. Mit dem Auge gar nicht wahrnehmbar, aber sprachlich überliefert und bis heute präsent spiegelt auch eine große Menge von Orts-, Flur- und Straßennamen kriegerische Auseinandersetzungen und Frieden wider.
Wie diese Aufzählung bereits andeutet, ist kaum eine Epoche spurlos geblieben. Besonders der Zweite Weltkrieg hat dabei tiefe Spuren im einstigen »Mustergau Thüringen« hinterlassen – ob in den Resten ehemaliger Rüstungswerke, den Gedenkstätten an den Orten früherer Konzentrationslager oder auch in neuer Architektur in ehemals flächig zerbombten Innenstädten. Bis heute rufen Nachrichten über bei Bauarbeiten zufällig gefundene Fliegerbomben unmittelbar Bilder dieser Zerstörung ins Gedächtnis. Auch der Kalte Krieg ist bis heute in der Landschaft sichtbar mit Grenzbeobachtungstürmen, Truppenübungsplätzen, Bunkeranlagen oder mit dem Naturmonument Grünes Band.
Wir laden Sie ein, die vielfältigen Aspekte von »Krieg und Frieden in der Kulturlandschaft« besser kennenzulernen. Die Beiträge nehmen Sie mit auf eine Reise durch die Jahrhunderte, beleuchten die Auswirkungen von Konflikten und ihrem Ende auf die Natur, die Kulturlandschaft und unser Leben. Ganz aktuell verdeutlichen dabei Ereignisse wie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und der Terrorangriff der Hamas auf Israel die Fragilität unseres friedlichen Zusammenlebens, und dass Frieden keineswegs selbstverständlich ist und von Dauer sein muss.
Vor diesem Hintergrund sollten wir uns bewusstmachen, wie wichtig es ist, für ein friedliches Miteinander einzustehen und gemeinsam Frieden zu bewahren. Möge diese Ausgabe dazu beitragen, die Vergangenheit besser zu verstehen, die Gegenwart zu schätzen und gemeinsam an einer friedvolleren Zukunft zu arbeiten.
Eine gewinnbringende Lektüre
wünschen
Pauline Lörzer und Pascal Mauf